Sonntag, 14. Juli 2013

Meine Angst vor großen Tieren - Teil 2

Noch bevor ich darüber nachdenken kann ob ich den Hühnchen helfen kann, sind auch schon wieder alle, mit lautem Trara, verschwunden. Ich bin mir sicher, dass heute Abend eine armer Praktikant, mit den Worten: „Ach nicht schon wieder einer“  den zerpickten und halb verscharrten Kadaver von Ikea findet. Sogleich sehe ich auch den Artikel der Bild vor mir: „Taubstummer Same von Hühnchen gemeuchelt – von rassistischem Hintergrund wird ausgegangen“ . Ich muss Ikea helfen. Ich nehme also die Beine in die Hand um meinem Mitbewohner das Leben zu retten – das klingt schon verdammt heldenhaft, wenn man bedenkt, dass es hier nur um ein paar hungrige Hennen geht. Schon nach der nächsten Ecke erblicke ich das Spektakel.

 Drei Meter vor mir wälzt sich mein Kumpel im Todeskampf mit drei, besonders gemeinen Glucken  im Dreck. Killerhühnchen Nummer eins wird von Ikea gewürgt und macht schon einen recht zerzausten Eindruck. Das Zweite pickt wie wild auf die Hand mit dem Futterbeutel und das Dritte, ein Huhn von bestimmt 40 Kilo, hat Ikea in der Beinschere und drückt ihm die Luft ab. Auch er sieht etwas zerzaust aus. Daneben stehen zwei Zoowärter die noch unentschlossen zu sein scheinen, wie sie vorgehen sollen. Ich kann mir gut vorstellen, dass man sowas nicht auf dem Zoowärter-Seminar lernt. Lässig schlendere ich in ihre Richtung, stelle mich neben sie und verschränke die Arme vor der Brust. Ich rümpfe die Nase.

„Sind das ihrer Hühnchen?“ frage ich in einem Ton der verrät, dass es besser ihrer Hühnchen sein sollten. 
„Ähhh….Naja eigentlich… schon irgendwie.“

 „Was halten sie denn von einer Leine oder so? Schließlich scheinen die“ ,ich nicke Richtung Gemetzel „ziemlich bissig zu sein.“
 Die Idioten stehen tatsächlich immer noch da wie Salzsäulen und stieren den grünen Ikea an, dessen Nase halb in der Hühnerkloake steckt. „Ihr Hühnchen würgt meinen Mitbewohner“ sage ich mit Engelszunge in der Hoffnung, dass Beavis und Butt-Head endlich mal den Stock aus dem Arsch ziehen und etwas unternehmen und tatsächlich walten sie ihres Amtes und zerren das garstige Federvieh von Ikea. Doch dieser ist jetzt im Kampfrausch und stürzt sich in Manier eines Rummelboxers auf seine Retter. Ein wilder Kampf entsteht und nach kurzer Zeit halten sie den armen Kerl, mit Hilfe eines Stockes, an dessen Ende eine Schlinge hängt, am Boden. Das Schauspiel verschlägt mir kurz die Sprache.


Als ich sie wiederfinde meine ich im sarkastischen Tonfall: „Hey, wenn ihr schon so eifrig seine Menschenwürde untergrabt, warum verpasst ihr ihm nicht noch einen Maulkorb und ein Beruhigungsmittel?“ Noch bevor mir die Kinnlade runter klappen kann hat der eine ihm den Mund zugeklebt und der andere ihm die volle Dröhnung verpasst. Fassungslos starre ich sie an. Mir wird eine Schubkarre gebracht, auf die der grunzende Ikea gewuchtet wird. „ Könnten sie und ihr sodomistischer Freund uns jetzt zum Zoodirektor begleiten?“ Auf die Frage, woher sie sich das Recht zu sowas nehmen werde ich mit einem simplen „Patriot-Act“ abgespeist. Ich will kurz widersprechen, entscheide mich auf Grund des zuckenden Fingers, am Abzug des Betäubungsgewehrs, doch anders.
Also schiebe ich meinen Companion, begleitet vom Escortservice, zum Büro des Zoodirektors. Davor stelle ich die Schubkarre ab und trete angesäuert und ohne anzuklopfen  ein. Der Mann, der vor mir auf den Tisch sitzt, gibt ein schlimmes Bild ab. Er ist winzig und streckt permanent seinen Kopf nach vorn. Er hat eine gigantische Hakennase und die Augen stehen viel zu weit auseinander, sodass sie schon fast an den Seiten des Kopfes sind. Durch das fliehende Kinn und die fliehende Stirn bekommt man den Eindruck, dass der Kopf selber vor diesem Gesicht davonlaufen will. Verständlich. Er weist mir einen Platz vor dem Tisch zu und watschelt selber um den Tisch um dahinter Platz zu nehmen, dabei sieht er selbst wie ein übergroßer Gockel aus.

„Also Herr…“- er blickt mich fragend an. „Christbaum“ sage ich.
 „Und der Vornahme?“  
„Abraham“
„ Das ist aber ein außergewöhnlicher Name“ lächelt er. 
Ich grinse ihn an und meine: „Ja, das hätte ich mir selber nicht besser ausdenken können“.
 „Da sind sie doch bestimmt gläubig oder?“
 „ Ja ich bete drei Mal am Tag zu Mark Zuckerberg.“
 „Wirklich?“
 „Nein ich wollte damit bloß zum Ausdruck bringen, dass sie das einen feuchten Dreck angeht.“
Er guckt wie ein angeschossenes Reh.
 Auf dem Tisch steht ein Bild mit drei Gorillas, die mich vorwurfsvoll ansehen – ich drehe es in Gockels Richtung um- große Tiere und so. Er macht sich ein paar Notizen und setzt darauf hin von Neuem an: „Also Herr Christbaum, ihr Freund hat ein paar Tiere angegriffen. Tiere, die sich im Besitz des Zoos befinden. Wie haben sie vor das zu rechtfertigen?“  Mir gehen 1000 Antworten durch den Kopf aber ich starre ihn lieber böse an. Nach 3 Minuten wird aus böse schließlich peinlich berührt und ich schnaube bockig: „Die Hühner haben Angefangen! Er hat doch viel mehr Angst vor ihnen als sie vor ihm! Warum zur Hölle sollte er sie da attackieren? Und überhaupt, haben sie gesehen, was ihr zwei geistigen Bremser mit ihm veranstaltet haben?“, brülle ich schon fast. „Herr Christbaum, beruhigen sie sich! Deshalb will ich ja auch mit ihnen reden. Ich werde von einer Anzeige absehen, wenn sie es auch tun.“ Da ich annehme, dass Ikea illegal hier und auf der Flucht vor dem Gesetz ist willige ich ein.


Er schenkt mir noch zwei Jahrkarten für den Zoo und meint, ich könne die Schubkarre behalten. Daraufhin flüchte ich aus dem Büro, weil ich befürchte, er könne es sich noch anders überlegen und mir das Geschäft meines Lebens versauen.  Vor der Tür des Zoodirektors steht die Lederhandtasche und kreischt Beavis  hysterisch an. Ich höre nur „… dieser schreckliche Gorilla hat mich mit seiner Kacke beworfen….“ , ich unterdrücke einen Lachanfall und denke mir nur: Karma, Schlampe. Karma! Ich schnappe mir Ikea und sein drolliges Gefährt und steuer den Zooausgang an. Vielleicht sollte ich meine Einstellung gegenüber großen Tieren nochmal ändern.

Nächste Episode "Mein Küchenkrieg"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen