Noch bevor ich darüber nachdenken kann ob ich den Hühnchen
helfen kann, sind auch schon wieder alle, mit lautem Trara, verschwunden. Ich
bin mir sicher, dass heute Abend eine armer Praktikant, mit den Worten: „Ach
nicht schon wieder einer“ den zerpickten
und halb verscharrten Kadaver von Ikea findet. Sogleich sehe ich auch den
Artikel der Bild vor mir: „Taubstummer Same von Hühnchen gemeuchelt – von rassistischem
Hintergrund wird ausgegangen“ . Ich muss Ikea helfen. Ich nehme also die Beine
in die Hand um meinem Mitbewohner das Leben zu retten – das klingt schon verdammt
heldenhaft, wenn man bedenkt, dass es hier nur um ein paar hungrige Hennen
geht. Schon nach der nächsten Ecke erblicke ich das Spektakel.
Drei Meter vor mir
wälzt sich mein Kumpel im Todeskampf mit drei, besonders gemeinen Glucken im Dreck. Killerhühnchen Nummer eins wird von
Ikea gewürgt und macht schon einen recht zerzausten Eindruck. Das Zweite pickt
wie wild auf die Hand mit dem Futterbeutel und das Dritte, ein Huhn von
bestimmt 40 Kilo, hat Ikea in der Beinschere und drückt ihm die Luft ab. Auch
er sieht etwas zerzaust aus. Daneben stehen zwei Zoowärter die noch
unentschlossen zu sein scheinen, wie sie vorgehen sollen. Ich kann mir gut
vorstellen, dass man sowas nicht auf dem Zoowärter-Seminar lernt. Lässig schlendere
ich in ihre Richtung, stelle mich neben sie und verschränke die Arme vor der
Brust. Ich rümpfe die Nase.
„Sind das ihrer Hühnchen?“ frage ich in einem Ton der
verrät, dass es besser ihrer Hühnchen sein sollten.
„Ähhh….Naja eigentlich… schon irgendwie.“
„Was halten sie denn von einer Leine
oder so? Schließlich scheinen die“ ,ich nicke Richtung Gemetzel „ziemlich bissig
zu sein.“
Die Idioten stehen tatsächlich immer
noch da wie Salzsäulen und stieren den grünen Ikea an, dessen Nase halb in der Hühnerkloake
steckt. „Ihr Hühnchen würgt meinen Mitbewohner“ sage ich mit Engelszunge in der
Hoffnung, dass Beavis und Butt-Head endlich mal den Stock aus dem Arsch ziehen
und etwas unternehmen und tatsächlich walten sie ihres Amtes und zerren das
garstige Federvieh von Ikea. Doch dieser ist jetzt im Kampfrausch und stürzt
sich in Manier eines Rummelboxers auf seine Retter. Ein wilder Kampf entsteht
und nach kurzer Zeit halten sie den armen Kerl, mit Hilfe eines Stockes, an
dessen Ende eine Schlinge hängt, am Boden. Das Schauspiel verschlägt mir kurz
die Sprache.
Als ich sie wiederfinde meine ich im sarkastischen Tonfall: „Hey,
wenn ihr schon so eifrig seine Menschenwürde untergrabt, warum verpasst ihr ihm
nicht noch einen Maulkorb und ein Beruhigungsmittel?“ Noch bevor mir die Kinnlade
runter klappen kann hat der eine ihm den Mund zugeklebt und der andere ihm die
volle Dröhnung verpasst. Fassungslos starre ich sie an. Mir wird eine
Schubkarre gebracht, auf die der grunzende Ikea gewuchtet wird. „ Könnten sie
und ihr sodomistischer Freund uns jetzt zum Zoodirektor begleiten?“ Auf die
Frage, woher sie sich das Recht zu sowas nehmen werde ich mit einem simplen „Patriot-Act“
abgespeist. Ich will kurz widersprechen, entscheide mich auf Grund des
zuckenden Fingers, am Abzug des Betäubungsgewehrs, doch anders.
Also schiebe ich meinen Companion, begleitet vom Escortservice,
zum Büro des Zoodirektors. Davor stelle ich die Schubkarre ab und trete
angesäuert und ohne anzuklopfen ein. Der
Mann, der vor mir auf den Tisch sitzt, gibt ein schlimmes Bild ab. Er ist
winzig und streckt permanent seinen Kopf nach vorn. Er hat eine gigantische Hakennase und die Augen stehen viel zu weit auseinander,
sodass sie schon fast an den Seiten des Kopfes sind. Durch das fliehende Kinn
und die fliehende Stirn bekommt man den Eindruck, dass der Kopf selber vor
diesem Gesicht davonlaufen will. Verständlich. Er weist mir einen Platz vor dem
Tisch zu und watschelt selber um den Tisch um dahinter Platz zu nehmen, dabei
sieht er selbst wie ein übergroßer Gockel aus.
„Also Herr…“- er blickt mich fragend an. „Christbaum“ sage
ich.
„Und der Vornahme?“
„Abraham“
„ Das ist aber ein außergewöhnlicher Name“ lächelt er.
Ich grinse ihn an und meine: „Ja, das hätte ich mir selber nicht besser ausdenken
können“.
„Da sind sie doch bestimmt gläubig oder?“
„ Ja ich bete drei Mal am Tag zu Mark
Zuckerberg.“
„Wirklich?“
„Nein ich wollte damit bloß zum Ausdruck
bringen, dass sie das einen feuchten Dreck angeht.“
Er guckt wie ein angeschossenes Reh.
Auf dem Tisch steht ein Bild mit drei
Gorillas, die mich vorwurfsvoll ansehen – ich drehe es in Gockels Richtung um-
große Tiere und so. Er macht sich ein paar Notizen und setzt darauf hin von Neuem
an: „Also Herr Christbaum, ihr Freund hat ein paar Tiere angegriffen. Tiere,
die sich im Besitz des Zoos befinden. Wie haben sie vor das zu rechtfertigen?“ Mir gehen 1000 Antworten durch den Kopf aber
ich starre ihn lieber böse an. Nach 3 Minuten wird aus böse schließlich
peinlich berührt und ich schnaube bockig: „Die Hühner haben Angefangen! Er hat
doch viel mehr Angst vor ihnen als sie vor ihm! Warum zur Hölle sollte er sie
da attackieren? Und überhaupt, haben sie gesehen, was ihr zwei geistigen
Bremser mit ihm veranstaltet haben?“, brülle ich schon fast. „Herr Christbaum, beruhigen sie sich! Deshalb will ich ja auch mit ihnen reden.
Ich werde von einer Anzeige absehen, wenn sie es auch tun.“ Da ich annehme,
dass Ikea illegal hier und auf der Flucht vor dem Gesetz ist willige ich ein.
Nächste Episode "Mein Küchenkrieg"
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