Samstag, 13. Juli 2013

Meine Angst vor großen Tieren - Teil 1

Um die Wogen zu glätten hat Ikea mich in den Zoo eingeladen. Ein Strolch, wer dahinter eine Missetat vermutet. Trotzdem schieße ich ein Foto von meinem Zimmer  um Veränderungen feststellen zu können, schmiere Zahnpasta unter den Türgriff um eventuelle Übergriffe gleich im Keim zu torpedieren und schließe sorgsam ab.

Ikea hat natürlich nicht genug Geld dabei, so dass ich meinen Eintritt voll und seinen zur Hälfte bezahlen darf. Aber das kann noch nicht der erwartete Knall gewesen sein. Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass wir zusammen keinen Spaß haben werden. Er hat Angst vor kleinen und ich vor großen Tieren. Da ich die kleinsten Tiere im Aquarium vermutet suche ich da Unterschlupf. Verdrossen gaffe ich in ein großes Aquarium, in dem, auf Kopfhöhe, ein Fisch schwimmt und mich anglotzt. Während ich mir die Frage stelle, ob Fische blinzeln können fällt mir auf, dass der Glotzfisch gar nicht mal so klein ist. Ziemlich groß sogar. Ich stell mir die Frage, ob ich Angst haben müsse oder ob Fische da aus der Reihe tanzen. Ich wage es nicht mich abzuwenden aus Angst dann Angst vor dem Ungetüm zu bekommen. Plötzlich blinzelt der Fisch und dreht gelangweilt ab. Meine unorthodoxe Panikreaktion fällt ziemlich peinlich aus. Ich reiße beide Arme in die Luft und renne im Kniehebelauf schreiend vor dem gedankenlesenden Rießenhai davon.

Traumatisiert halte ich erst, als beide Lungenflügel kollabiert sind und ich das Gefühl habe, dass mir der Fisch nicht länger hinterher rennt. Jetzt erst fällt mir ein kleiner Fehler in meinem Denkprozess auf. Naja Workout für heute – check! Da meine Beine genau so wenig Lust haben zu stehen wie meine Lungen Luft in meinen Körper zu pumpen lasse ich zumindest den Beinen ihren Willen und setze mich. Schmerz lass nach – ist das schön! Marc Zuckerberg sei Dank! Ja, jede Generation braucht ihre Gottheiten  und  Aldous Huxley hatte zumindest in einem Punkt unrecht… Fort ist heute kein Thema mehr.  Früher wurde gebetet und heute wird halt zwei Mal am Tag ein Statusupdate gepostet. Fundamentalisten posten sogar bis zu fünf Mal am Tag.

Da mein müdes Hinterteil an Ort und Stelle erst einmal sicher zu sein scheint sehe ich mich um und stelle fest, dass ich vor einem Käfig voll mit kleinen Affen sitze. Ich sehe dem bunten Treiben eine Weile zu und studiere ihre Verhaltensweißen. Sie bewerfen sich gegenseitig mit Kacke, Lausen sich und haben in der Öffentlichkeit Sex. Dazu hätte ich auch Lust. Also nicht auf den ekligen Teil aber jemanden mit Kacke zu bewerfen wäre schon mal befreiend. Sein wir doch mal ehrlich wir haben doch alle einen Menschen der es einfach nur verdient hätte. Jeder!

Eine Mutter stolziert mit ihrem Töchterchen an der Hand an mir vorbei. Das Muttertier ist blond, hat  das Gesicht zur Unkenntlichkeit geschminkt und hat Farbe und Beschaffenheit ihrer Haut, mit Hilfe von viel Zeit im Solarium, ihrer Lederhandtasche angepasst. Die hochhackigen Schuhe ließen vermuten, dass sie heute nicht mehr vorhatte vor, ziemlich großen Fischen, zu flüchten. Das Mädchen sieht aus, wie die Gören solcher Mütter halt aussehen. „Darf ich den mal streicheln?“ drängelt sie und zerrt die Lederhandtasche in meine Richtung. „Fass das nicht an! Es ist vielleicht krank!“ keift Miss-ich-geh-lieber-ins-Solarium-als-meine-Tochter-richtig-zu-erziehen. Noch immer außer Atme keuch ich: „Hallo … Mensch … Gefühle“  der Rest der Worte verschwindet irgendwo zwischen Kleinhirn und meinen Lippen. „Oh Zuckerberg, es kann ja reden.“ Lederhandtasche schnappt sich ihre Tochter und trippelt in kleinen aber flinken Schritten davon, so schnell wie es Minirock und High Heels halt zulassen. Kurz überlege ich ihr hinterher zu hoppeln um zu sehen, was passiert, schieße den Gedanken aber auf Grund des „hoppelns“ direkt wieder ab. Liegt mir halt einfach nicht, dieses hoppeln. Dennoch bin ich mir einer Sache sicher. Die hätte meinen Haufen verdient! Würde auch super zum Teint passen.

 Beleidigt schaue ich an mir herunter. Der Anblick erklärt viel: ein viel zu kleiner, brauner Trainingsanzug, dazu weiße Schuhe, das heißt, sie waren mal weiß jetzt sind sie eher trainingsanzugfarben. Gekrönt wird das Unglück von schulterlangen Haaren und einem studentengerechten Gefächtsbart. Mähne und Bart beruhen auf einer Wette mit Ikea. Wer hätte auch erwartet, dass jemand zwei Tage in der Tiefkühltruhe überlebt. Aber wärmer ist es da am nördlichsten Zipfel von Norwegen auch nicht. Da ich mir meiner Beziehung zur Waschmaschine immer noch unsicher bin und sie sich – für Waschmaschinen typisch – stoisch weigert den Friedensvertrag zu unterzeichnen, ist meine Auswahl an Kleidung … beschränkt. Und angesichts dessen, dass ich hier triefend im Dreck sitze war ihre Reaktion doch ganz angemessen.


Um nicht noch mehr soziale Sanktionen fürchten zu müssen setze ich mich auf die nächste Bank und überlege ob ich nicht vielleicht doch zu den klettern sollte um bei ihnen zu leben. Würde ja keinem auffallen. Doch da kommt auch schon meine persönliche Stimmungskanone in Form von Ikea. Die Arme in die Höhe gerissen und in der Hand eine Tüte haltend joggt er im Kniehebelauf an mir vorbei. Die Augen weit aufgerissen, der Mund zu einem stummen Schrei geformt und totenblass wirft er mir einen hilfesuchenden Blick zu. Ich winke fröhlich. Verfolgt wird er von einem Rudel wild gaggernder Hühnchen, den Ikea wohl das Futter geklaut hatte. Ich bin kein Ornithologe aber wenn in diesem Gaggern keine Todesdrohung lag will ich zwei Tage in der Tiefkühltruhe leben.

Nächste Episode: "Meine Angst vor großen Tieren - Teil 2"

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